"Wie wollen wir eigentlich alt werden?", "Wann ist endlich Schluß?" oder "Wie kann man das Beste aus den folgenden Jahren machen?" das sind die Gedanken, mit denen sich der ehemalige Bremer Bürgermeister beschäftigt, seitdem seine drei Kinder das Haus verlassen haben.
Als Ergebnis dieser Überlegungen gründete er, gemeinsam mit seiner Frau und Freunden, vor 20 Jahren eine Wohngemeinschaft.
"Jeder ist selbst seines Glückes Schmied" - das gilt vor allem für das Leben im Alter. findet Henning Scherf. Das war dann auch das Thema, zu dem er aufgrund unserer Einladung im vollbesetzten Heimthaus referierte.
"Ich will die Jahre, die noch kommen, selber gestalten. Und das geht am besten gemeinsam mit anderen. Dafür muß man ja nicht zwingend zusammenleben, das funktioniert auch über intelligente Netzwerke" versicherte er den vielen interessierten Zuhörern. Wichtig sei es auch, sich für das zu interessieren, was um einen herum passiere. Und natürlich sei es wichtig, selber aktiv zu bleiben oder wieder zu werden, führte er weiter aus.
Er habe vor einigen Jahren angefangen, regelmäßig ein- bis zweimal in der Woche eine Grundschule zu besuchen, die zu 70% von Kindern besucht werde, für die Deutsch nicht die Muttersprache ist. "Ich wollte einfach wissen, wie diese Kinder damit klar kommen, daß die Welt bei ihnen zuhause eine ganz andere ist als in ihrer Schule" erfuhren die Zuhörer. Er lese dann mit den Mädchen und Jungen Texte, wie zum Beispiel von seinem Lieblingsautor Isaac Singer und spreche anschließend mit ihnen darüber. "Es ist toll, wie konzentriert die Kinder bei der Sache sind und wunderbar, wie unvoreingenommen sie gegenüber dem Alter sind". hat Henning Scherf festgestellt.
Darum ist er auch der Ansicht, daß man Kinder und Alte nicht immer wieder strikt voneinander trennen sollte, wie das ja oft der Fall sei.
Vor einiger Zeit habe er auch begonnen, sich in Wohngemeinsachaften für Demenzkranke einzuquartieren und dabei ganz besondere Erfahrungen gemacht. Da war z. B. eine alte Freundin, die lange Zeit schon nicht mehr gesprochen hatte. Mit ihr ging er auf einen Spielplatz. "Ich merkte, daß sie auf einmal ganz wach und aufmerksam wurde. Zufällig warfen Kinder einen Ball in ihre Richtung, sie nahm ihn wider Erwarten auf und redete mit ihnen.
Anregungen seien wichtig, so der ehemalige Bürgermeister, ob es das Singen im Chor sei, daß er nach mehr als 60 Jahren wieder für sich entdeckt habe, der Garten oder die Enkelkinder. "Wichtig ist die Begeisterung für die Sache. Dann treten lästige körperliche Beschwerden in den Hintergrund", meinte Henning Scherf. Besonders für Demenzkranke sei es ein Segen, wenn sie eine Aufgabe haben und ihnen nicht jeder Handgriff abgenommen wird. "Das ist eine große Erfahrung für Hilfsbedürftige".