Am 1.10.2013 hatte der DRK-Ortsverein Gerhard Corleis aus Ahlerstedt-Bokel zu einem Vortrag über seine Fahrradtour von "Ahlerstedt - Peking" eingeladen. Alle waren sehr beeindruckt, nicht zuletzt deswegen, weil alle erkennen mußten, in welchem Reichtum wir hier leben und wie gut es uns geht.
Gerhard Corleis ist in Bokel Zuhause und war mit dem Fahrrad bereits auf der ganzen Welt unterwegs. Er spricht nur eine Sprache – Plattdeutsch. Gerhard Corleis – 68 Jahre jung – ist von Beruf Maurermeister und ein echtes norddeutsches Original. 2011 nahmen er und seine 19-jährige Tochter Mirjam gemeinsam mit einer Handvoll Kurzzeit-Aussteiger mit dem Fahrrad an einer 12.634 Kilometer langen „Transeurasien-Tour von Bokel über Berlin nach Peking teil. Nichts wurde dem Zufall überlassen. Jede Reise wurde bis ins kleinste Detail geplant. Jeder Tourenteilnehmer bekam seine Aufgabe. Corleis selbst ist für die seelische Betreuung der Mitreisenden zuständig. Wenn jemand Heimweh hat, dann schnackt er mit ihm und muntert ihn auf und dann geht es wieder weiter.
Um sich auf das Schlafen im Zelt vorzubereiten, wird acht Tage vor jeder Reise zu Hause im Freien auf steinigem Boden übernachtet. Das sei eine gute Vorbereitung auf die vielen Wochen im Zelt. Seine Mittagsruhe macht der 68-jährige Gerhard Corleis ohnehin am liebsten auf dem Küchenboden. Zu seinem größten Abenteuer startete Gerhard Corleis mit Tochter Mirjam zunächst von Bokel nach Berlin. Dort wurden sie von einem Reiseführer und den restlichen Mitreisenden erwartet. Corleis hatte sich für eine geführte Reise entschieden, da er in Russland und China sprachliche Schwierigkeiten befürchtete. „Außerdem mussten wir uns so kaum um etwas kümmern.“ Mit dem Fahrrad ging es über Polen, Litauen, Lettland und Estland nach Russland. In Moskau erreichte die Gruppe als eine Sehenswürdigkeit den Roten Platz. Ein Bus begleitete sie auf der Strecke als Transporthilfe und für den Notfall, der jedoch nicht eintrat. Ihr Weg führte über staubige Pisten nach Nowgorod, Kasan und Omsk, durch die Mongolei bis in die chinesische Hauptstadt Peking. Auf der mit 5.500 Kilometern längsten Teilstrecke zwischen Moskau und dem Baikalsee erwarteten die beiden Bokeler Abenteuer pur. Mit nur drei Weggefährten erkundeten sie das Herz Russlands und begaben sich auf einsamen Wegen durch die endlosen Waldgebiete Sibiriens. Weil die Zahl der Buchungen unter dem Limit lag, fuhr auf dieser Strecke auch kein Auto mit. In der fast menschenleeren Region inmitten der sibirischen Taiga gab es tagelang keine festen Quartiere. Am Baikalsee konnten die geschundenen Körper einige Tage ausspannen bis es die letzte Etappe durch die Mongolei und China zu bewältigen galt.
Corleis erzählt: „Die Touren waren sehr kräftezehrend, und manchmal konnten wir unser Rad nur noch schieben. Unbefestigte Wege, auf manchen Strecken war das Gelände so unwegsam, dass die Handgelenke von den Vibrationen schmerzten.“ Riesige Blindfliegen drohten oft, das Weiterfahren unmöglich zu machen. Die größte Herausforderung war jedoch die staubige, trockene Luft in der Wüste Gobi, die für aufgesprungene Lippen sorgte. Auch mit Wasser musste sparsam umgegangen werden. Zähneputzen unter der Kaninchentränke und sich waschen mit einer Liter-Buddel Wasser – so war das.
Diese Radtour führten Vater und Tochter durch die unendlichen Weiten Russlands, durch die sibirische Tiefebene. 2.000 Meter wurden im chinesischen Altaigebirge überwunden. Sie hatten die Seidenstraße befahren, die Wüste Gobi durchquert, waren zu Gast in Nomaden-Jurten, haben die chinesische Mauer begangen und das Olympia-Stadion in Peking gesehen.
Sittensen. Der weit verzweigten Familie Corleis, die ihren Stammsitz in Ottendorf hat, gehört der 69-jährige Maurermeister Gerhard mit Ehefrau und sechs Kindern an.
Diese Familie Corleis lebt in Bokel und das Oberhaupt war kürzlich bei der Sittenser DRK-Versammlung zu Gast im Heimathaus, um von einer 12 634 Kilometer langen Fahrradtour zu berichten. Von Gerda Holsten
Von Bokel im Kreis Stade bis nach Peking in der Volksrepublik China ist er mit seiner damals 19-jährigen Tochter Mirjam im Frühjahr vor zwei Jahren aufgebrochen. Zuvor hatte Gerhard Corleis schon Alaska, das Nordcap und die Westküste der USA unter die Pedalen genommen.
Die erste Etappe hieß „Bokel-Berlin“, das waren 476 Kilometer. Und dann ging es immer weiter ostwärts, neun Tage durch Polen, eine Woche durch Litauen, sechs Tage Lettland und drei Tage Estland. Dann das schier unendliche Russland, in dem die Reisegruppe zehn Wochen lang unterwegs war und sich alle drei Tage bei Behörden melden musste. Moskau, diese 16-Millionen-Metropole mit zehnspuriger Durchfahrtstraße setzte Gerhard Corleis mit seinem beschaulichen Bokel in Relation: „Wir haben 256 Einwohner“.
Sein Vortrag wurde übrigens komplett in plattdeutsch abgehalten, und diese Sprache benutzte er auch unterwegs. Egal, es verstand ihn a sowieso niemand. Er habe nirgends auf der Welt soviel Alkoholiker gesehen, ls in Russland, und die Zustände der verlassenen Dörfer auf dem Lande seien rschreckend. Von Moskau weiter gen Osten tat sich den Radlern die größte Ebene ieser Erde auf, durchschnitten vom Ural-Gebirge, welches es zu überwinden alt. „Eine Straße und eine Bahnlinie 2000 Kilometer bis hin zum Baikalsee.“
Die Straße läuft in etwa parallel zur Trasse der Transsibirischen Eisenbahn zum rößten Süßwasserreservoir der Erde. Anhand von reichlich Dia-Material durften ich die Besucher davon überzeugen, dass der Begriff „Straße“ in Sibirien nicht it den hiesigen Maßstäben zu messen sei. Mehr eine Staub- und Schotterpiste, uf der das Luft holen eingeteilt werden musste. In Irkutsk am Baikalsee gab’s ein paar Tage Verschnaufpause, dann wurde der Kurs gewechselt, es ging nach Süden in die Mongolei, der Heimat Dschingis Khans. Dem Volkshelden wurde ein überdimensionales Denkmal gesetzt, welches Gerhard Corleis und seine Mitstreiter erklommen.
„Die Hauptstadt Ulan Bator ist die kälteste Metropole er Welt“, so der Globetrotter aus dem Dörfchen Bokel. Die Wüste Gobi, unmenschlich und nicht ohne Salbe im Gesicht zu ertragen, galt es zu durchqueren, bis nach fast einem halben Jahr das Ziel, Peking, erreicht war. In der Wüste hatte sich dann auch das Begleitfahrzeug festgefahren und Corleis versuchte, bei Einheimischen ein Abschleppseil zu organisieren. Der jeweiligen Sprache beiderseits sowie nicht mächtig, fragte er auf plattdeutsch: „Ik bün ut Bokel, kannst du mi mol afschleepen?“ Der „Platz des himmlischen Friedens“, der in der Vergangenheit gar keine himmlische Adresse war, das Olympia-Stadion und natürlich die Chinesische Mauer wurden in Augenschein genommen. So, wie überhaupt unterwegs jede Sehenswürdigkeit besucht wurde.
Da Corleis ein gläubiger und praktizierender Christ ist, ließ er nicht unerwähnt, dass dieses Abenteuer unter einen Reisesegen gestellt wurde, der aus dem 123. Psalm kommt und lautet: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, von welchen mir Hilfe kommt.“ Übrigens, Sittensens DRK-Schatzmeister Hermann Bachmann aus Groß Meckelsen konnte bei der Schilderung der Etappe von Moskau nach Irkutsk mehrere Male zustimmend nicken. Er selbst ist diese Strecke schon mit der „Transsib“ gefahren.
Helga Gladrow als Gastgeberin und DRK-Vorsitzende bedankte sich herzlich für die Ausführungen des Gastes aus Bokel. Zur Unterhaltung der Gäste trugen die Akkordeon-Spielerinnen Anita Wilkens, Silke Meyer und Ulrike Schmeichel bei.